Wegen Corona schliesst Ende 2020 das Atrium Airport Hotel in Meyrin.
Während einer Demonstration fordern ehemalige Mitarbeiter ihre Gehälter.

 

Wer zu weit geht, riskiert viel

2020 – Corona-Pandemie. Die Krise schürt Ängste. Viele Menschen bangen um ihre Existenz, und immer zahlreicher bekunden sie ihren Unmut. Sie beschimpfen, drohen oder nötigen via Telegram, Twitter, Facebook & Co., per Mail, Post oder Telefon. In der Anonymität und in der Masse fühlen sie sich geschützt.

Besonders im Fokus von Hatespeech: Personen unter Schutz von fedpol – Magistratspersonen wie Bundesräte, Parlamentarierinnen oder exponierte Bundesangestellte.

fedpol verstärkt angesichts der steigenden Zahl der Meldungen gemeinsam mit den  Kantonspolizeien den Schutz der bedrohten Personen – und spricht die Absenderinnen und Absender von Hassbotschaften direkt an, bevor sie (oder andere) zur angedrohten Tat schreiten.

Zum Beispiel Erich F.*…

Auf Facebook lässt er seinem Frust freien Lauf. Schimpfend zieht er während des Lockdown im Frühling über einen von ihm namentlich genannten Mitarbeiter des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) her. Sein Post wird von der Community x-fach geliked und geteilt.

fedpol identifiziert ihn und vereinbart mit dem BAG, dem Absender mittels einem sogenannten Grenzziehungsbrief mitzuteilen, dass sein Verhalten nicht toleriert und bei Wiederholung strafrechtliche Schritte geprüft würden.

Offensichtlich mit Erfolg: Von F. tauchen fortan keine Hasskommentare mehr auf.

Marcel B.* allerdings geht einen Schritt weiter.

Auch er ist coronamüde und wütend über die vorübergehende Schliessung seines Fitnessstudios. In einem Mail wünscht er einem Bundesrat den Tod.

fedpol ermittelt alle sicherheitsrelevanten Angaben zu seiner Person. B. ist der Polizei vor Ort bereits bekannt wegen Beschimpfung, Drohung, Vergehen gegen das Waffengesetz, Ladendiebstahl und Hausfriedensbruch. Bereits am nächsten Tag stehen Beamte von fedpol und der zuständigen Kantonspolizei vor B.s Tür: Hausdurchsuchung. Er erschrickt. Bei der polizeilichen Befragung erkennt er: Diesmal ging er zu weit.

Diese beiden Beispiele zeigen: Die direkte Ansprache von Personen, die Hatespeech verbreiten, nimmt die Täter aus der digitalen Anonymität und konfrontiert sie in der realen Welt mit ihrer Tat. Oft mit Erfolg: Viele von ihnen verschicken keine Hasskommentare mehr. 

Botschaft: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.

So hat das Mail von Reto M.* denn auch entsprechende Konsequenzen:

In seinem Schreiben droht er, ungemütlich zu werden und ein Kopfgeld gegen einen Bundesrat zu verhängen, wenn die Covid-Massnahmen nicht gestoppt würden. Straftatbestand: Nötigung. Ein Offizialdelikt.

fedpol leitet polizeiliche Ermittlungen ein, die Bundesanwaltschaft eröffnet ein Strafverfahren. Nun könnte es für M. selber ungemütlich werden.

 Wer Hasskommentare verbreitet, kann strafrechtlich verfolgt werden.

 *Alle Namen geändert