Mit allen Wassern gewaschen

COVID-Kredite – für Schweizer Unternehmen ein Silberstreif am Horizont, für andere eine Möglichkeit, aus der Krise Kapital zu schlagen. Die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) bei fedpol ist auf der Hut und entlarvt Kriminelle im Zahlungsverkehr.

März 2020. Lockdown. In der Schweiz steht das Leben steht still. Läden, Restaurants, Kinos – bis auf weiteres geschlossen. Baustellen und Büros – leergefegt. Es ist der Moment, in dem das Corona-Virus die Schweizer Wirtschaft befällt. Der scheinbar so leistungsstarke Motor kommt ins Stottern.

Nach dem ersten Schock macht sich bei vielen Schweizer Unternehmern Verzweiflung breit. Ladenmiete, Löhne – das alles fällt weiterhin an. Die Einnahmen aber bleiben aus.

Dann: Hoffnung. Der Bund stellt Kredite in Aussicht. 20 Milliarden Schweizer Franken – später werden es noch viel mehr. Am 25. März 2020 erklärt Finanzminister Ueli Maurer erstmals wer, wie, wo, wieviel, wofür. Unternehmerinnen landauf landab verfolgen die Pressekonferenz gebannt. Aber nicht nur sie.

Einmal Waschen und Frisieren, bitte!

Mitte Mai nimmt eine Kantonspolizei mehrere Personen fest. Der Verdacht: Geldwäscherei. Nachdem die Verdächtigen mit frisierten Firmenangaben COVID-Kredite in Millionenhöhe erhalten, wollen sie die Spuren des widerrechtlich erlangten Geldes mit Transaktionen ins Ausland sofort verwischen. Doch sie machen die Rechnung ohne die Spezialistinnen der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS). Diese rekonstruieren die Transaktionen, sammeln alle notwendigen Informationen und erstatten Anzeige bei der kantonalen Staatsanwaltschaft. Noch bevor das Geld auf Konten im Ausland trocken ist, klicken in der Schweiz die Handschellen.

Kriminelle wittern ihre Chance. Bereits Anfang April schlagen erste Banken Alarm. Sie melden der Meldestelle für Geldwäscherei MROS bei fedpol verdächtige Transaktionen: Einige COVID-Kredite werden sofort nach Erhalt auf ein Konto im Ausland weitertransferiert, andere gleich bar abgehoben. Klare Indizien für die Absicht, das Geld zu waschen.

Was ist Geldwäscherei?

Wer Gelder, die aus kriminellen Taten (sogenannten Vortaten zur Geldwäscherei) stammen, in den legalen Wirtschaftskreislauf bringt und die Herkunft zu verschleiern versucht, der betreibt Geldwäscherei. Im Falle der COVID-Kreditbetrüge sind die häufigsten Vortaten Betrug und Urkundenfälschung.

Ob tatsächlich kriminelle Energie dahintersteckt? Die MROS-Spezialisten wollen es genau wissen. Sie analysieren die Geldflüsse und überprüfen die involvierten Personen. Bei verdächtigen Transaktionen ins Ausland kann die dortige Financial Intelligence Unit als Informationsquelle angezapft werden.

Financial Intelligence Unit (FIU)

Die grosse Mehrzahl der Länder weltweit verfügt über eine Financial Intelligence Unit. Sie bilden ein Netzwerk für den internationalen Informationsaustausch. Dieser ist für die Bekämpfung von Geldwäscherei unabdingbar, da heute praktisch alle Verdachtsmeldungen einen Auslandbezug aufweisen. Als Schweizer FIU kann MROS in diesem Netzwerk via Amtshilfe Informationen über Personen oder Unternehmen im Ausland einholen, die für die Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz sowohl in Strafverfahren als auch Rechtshilfeverfahren von grossem Wert sind.

Alle gesammelten Informationen werden schnellstmöglich triagiert, analysiert und je nach Ergebnis zu einer Strafanzeige verarbeitet. Eine Strafanzeige hat automatisch eine fünftägige Vermögenssperre zur Folge.

Bis Ende 2020 erstattet die MROS über 800 Mal Anzeige wegen mutmasslicher Geldwäscherei und kriminellen Handlungen im Zusammenhang mit COVID-Krediten. Betroffen sind COVID-Kredite in der Höhe von 146 Millionen Franken.

Pendenzenberg ade

Die Zahl der Verdachtsmeldungen steigt stetig. Die zeitnahe Bearbeitung der Meldungen stellt für jede Geldwäscherei-Meldestelle eine Herausforderung dar. 2019 wurde der Personalbestand um zwölf Vollzeitstellen erhöht; per 31.12.2020 hat MROS 48.8 Vollzeitstellen. Aber auch dank effizienter Triagierung und Digitalisierung der eingehenden Informationen gelingt es MROS 2020, Fälle aus den vorherigen Jahren abzuschliessen. Einen Pendenzenberg wie in vorangegangenen Jahren gibt es nicht mehr.